JUMeHD

Mobiles Jod-Uptake Messsystem für Home-Anwendung mit digitaler Datenübertragung

Motivation

Die Radiojodtherapie mit dem Betastrahler Iod-131 (I-131) stellt ein Standardverfahren für die Therapie von Schilddrüsen¬über¬funktion (Hyperthyreose) und Schilddrüsenkrebs in der Nuklearmedizin dar. Für einen optimalen Therapieerfolg muss – gesetzlich vorgeschrieben in der Richtlinie Strahlenschutz in der Medizin – vor jeder Therapie eine individuelle Dosimetrie durchgeführt werden. Hierzu soll in dem Projekt »JUMeHD« ein mobiles und vom Patienten auch im »Home«-Bereich einfach zu nutzendes, tragbares System entwickelt werden, das kontinuierlich Messwerte an die Klinik sendet. Aus den empfangenen Daten kann die Klinik die optimalen Einstellungen für die weitere Behandlung des Patienten ermitteln.

Eine wesentliche Motivation für dieses Vorhaben liefert die notwendige Einbestellung des Patienten zur Dosimetrie an mindestens vier verschiedenen Tagen vor der Radiojodtherapie für eine nur jeweils wenige Minuten dauernde Messung. Dies bedeutet einen erheblichen Zeit- und Verkehrsaufwand, insbesondere in aktuellen Situationen wie der Pandemie und bei der meist nicht wohnortnahen Versorgung der Patienten, was eine wesentliche Einschränkung der Lebensqualität bedeutet und zusätzlich hohe Kosten verursacht. Für den klinischen Anwender ermöglicht das neue Messsystem darüber hinaus eine deutlich verbesserte Dosimetrie, da nun die Jodkinetik kontinuierlich und nicht nur zu vier Zeitpunkten gemessen werden kann. Die bisher üblichen vier Messzeitpunkte erlauben nur eine grobe Abschätzung der Jodkinetik mit den Möglichkeiten einer Unter- oder Überdosierung der Therapie. Damit bedeutet das neue tragbare Messsystem sowohl aus medizinischer als auch ökonomischer Sicht eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zur derzeitigen Situation.

Projektziel

Das Gesamtziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines kleinen, transportablen und durch die Patienten selbst zu bedienenden Jod-Uptake-Messsystems, das in der nuklearmedizinischen Diagnostik und Therapie bei Schilddrüsenerkrankungen eingesetzt werden soll. Eine Grundidee für das Vorhaben besteht darin, mittels Nutzung moderner Kommunikationstechnologien und des Einsatzes moderner Detektorkomponenten ein völlig neues, mobiles und vom Patienten einfach tragbares Messsystem zur Aufzeichnung des Jod-Uptakes zu entwickeln.

Das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS übernimmt im Verbundprojekt die Aufgabe, eine sichere, modulare, interoperable und wiederverwendbare Plattform für die Übermittlung von Daten aus einem persönlichen Medizingerät (hier: Jod-Uptake-Messsystem) an ein Krankenhaus zu konzipieren und modular umzusetzen. Die Plattform soll neben etablierten Referenzmodellen vor allem auch Aspekte von IoT-Architekturen aufgreifen, um so eine Nachhaltigkeit und Nachnutzbarkeit herzustellen: KMU können verschiedene Produkte über einen Personal Health Hub integrieren, wodurch vollständig von der konkreten technischen Anbindung an eine bestimmte Klinik abstrahiert wird. Krankenhäuser können Geräte verschiedener Hersteller über einen IoT-Hub integrieren, wodurch von der konkreten technischen Anbindung des einzelnen Geräts abstrahiert wird. Im Rahmen des Projekts sollen hier neben Fragen der Informationssicherheit auch Themen der semantischen Interoperabilität adressiert werden. So soll z. B. untersucht werden, wie ein konkretes persönliches Medizingerät beschreibende Ontologien zur automatisierten Konfiguration von Personal Health Hubs und IoT Hubs eingesetzt werden können, um für beide Seiten (KMU und Krankenhaus) eine Plug&Play-Erfahrung zu erzeugen.

Technologien

Neben der Sicherstellung der technischen Betriebsfähigkeit des durch Crystal Photonics zu entwickelnden und durch die Charité – Universitätsmedizin Berlin zu evaluierenden Jod-Uptake-Messsystems (mobiler, vom Patienten tragbarer Sensor) kommt dem Fraunhofer FOKUS im Verbundprojekt damit vor allem die Rolle zu, den wirtschaftlichen Betrieb der erforderlichen Datenaustauschplattform zu ermöglichen und deren Nachhaltigkeit durch die Nachnutzbarkeit für weitere persönliche Medizingeräte abzusichern.

Ziel des Teilvorhabens des Fraunhofer FOKUS ist es, das neue mobile Jod-Uptake Messsystem in ein Ökosystem einzubinden, über das beliebige persönliche Medizingeräte an die IT-Infrastruktur eines beliebigen Krankenhauses angebunden werden können. Im konkreten Fall wird dies für die bestehende IT-Infrastruktur der Charité – Universitätsmedizin Berlin umgesetzt und erprobt.

Es soll das in der Datenschutz-Grundverordnung geforderte Prinzip des Datenschutzes durch Technikgestaltung konsequent durchgesetzt werden. Hierzu soll untersucht werden, in wie weit sich das zum Betrieb des Systems zu erstellende und umzusetzende Datenschutzkonzept synchron zu den technischen Bausteinen und Schnittstellenkonfigurationen modularisieren lässt. Grundidee hierbei ist, über eine semantische Beschreibung des medizinischen Geräts und der im Krankenhaus verfügbaren Schnittstellen und Sicherheitsdienste sowohl die Orchestrierung/Konfiguration der technischen Komponenten als auch des Datenschutzkonzepts – und hier insbesondere der anzuwendenden technischen und organisatorischen Maßnahmen (TOM) – automatisiert vorzunehmen. Hierdurch soll der Einsatz des Produkts in weiteren Häusern vorbereitet und signifikant vereinfacht werden.

Anwendungsgebiete

Die so entstehende Datenaustauschplattform soll, ebenso wie daran angebundene persönliche Medizingeräte, über ein semantisches Modell beschrieben werden, aus dem heraus eine automatisierte Auswahl der zu aktivierenden Systembausteine sowie eine automatisierte Konfiguration der diese implementierenden IT-Komponenten möglich ist. Kongruent dazu wird ein modulares Datenschutzkonzept erstellt, das ebenfalls auf Basis der semantischen Beschreibungen instantiiert werden kann. Im Ergebnis sollen alle Verantwortlichen entlang der kompletten Übertragungsstrecke aus dem Modell abrufen können, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen sie für den sicheren, Datenschutz-freundlichen und –konformen Betrieb umzusetzen haben. Somit ist die generisch gestaltete Datenaustauschplattform in vielen Anwendungsbereichen einsetzbar, in denen Daten aus einer Quelle sicher zu einer Senke übertragen werden sollen (z. B. in den Bereichen IoT und Medizin).

Projektpartner

  • Klinik für Nuklearmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin
  • Crystal Photonics GmbH