Fachlicher Hintergrund

In Reaktion auf das EHEC-Geschehen Mitte 2011 beschlossen das Bundesministerium für Gesundheit und die Gesundheitsministerkonferenz der Länder, das bestehende Überwachungssystem für übertragbare Krankheiten und Krankheitserreger durch den erweiterten Einsatz elektronischer Verfahren zu verbessern. Dazu beauftragte das BMG im April 2012 die Konzeptionierung eines »Deutschen Elektronischen Meldesystems für Infektionsschutz« (DEMIS) einschließlich der Validierung des Konzepts auf Basis einer prototypischen Umsetzung mit folgender Zielsetzung:

  • Realisierung einer medienbruchfreien Meldung, um eine hohe Datenqualität sicherzustellen, Meldezeiten zu verkürzen und Informationsverluste zu vermeiden
  • Unterstützung bei der automatischen Generierung von Meldungen und Übermittlungen sowie deren Adressierung an den jeweils zuständigen Empfänger
  • Erleichterung des elektronischen Informationsaustauschs zwischen Melder und Öffentlichem Gesundheitsdienst (ÖGD) in beide Richtungen
  • Sicherstellung einer schnellen, lageabhängige Anpassbarkeit der Datensätze und Geschäftsprozesse
  • Leistungsfähige E-HEALTH- Standards für eine flexible Lösung


Leistungsfähige E-Health- Standards für eine flexible Lösung

Insbesondere die gestellten Anforderungen bezüglich der flexiblen Anpassbarkeit von Meldungen und deren Inhalten machten es erforderlich, neue Wege beim Design der Lösung zu beschreiten. So kam im Rahmen des Projektes erstmals die eng aufeinander abgestimmte Kombination zweier leistungsfähiger E-Health-Standards zum Einsatz: HL7 Fast Healthcare Interoperability Resources (FHIR) – Mithilfe der Profilierung von modularen Komponenten, den sogenannten FHIR-Ressourcen wurden die Strukturen und möglichen Inhalte der einzelnen Meldungstypen festgelegt. Die definierten Profile sind dabei vollständig maschinenverarbeitbar. HL7 Common Terminology Services 2 (CTS2) – Ein für die Verteilung, Versionierung und Klassifikation von Terminologien genutzter Dienst auf Basis von CTS2 wurde verwendet, um die in den definierten FHIR-Profilen referenzierten Codesysteme und Value Sets für den automatischen Abruf aufzubereiten und bereitzustellen.

Automatisches Rendering von Meldeformularen

Um verschiedene Nutzungsprofile und –häufigkeiten der Melder zu unterstützen, sieht DEMIS sowohl das Erstellen und Versenden von Meldungen direkt aus dem Primärsystem des Melders, als auch durch ein spezielles Meldungsportal vor. Im Rahmen der Pilotstudie wurden diese beiden Wege exemplarisch umgesetzt und erprobt. Dabei konnten insbesondere bei der Realisierung des Meldungsportals die Stärken der verwendeten Standards demonstriert werden: Aus den definierten FHIR-Profilen werden in einem mehrstufigen Prozess automatisch Webformulare generiert. Die Rendering Engine nutzt dafür Informationen aus dem CTS2 basierten Terminologieserver. Durch diesen Lösungsansatz konnte im Rahmen des erarbeiteten Showcases gezeigt werden, dass für die Eindämmung eines Ausbruchs benötigte Zusatzinformationen mit nur geringem zeitlichen Vorlauf beim Melder erhoben werden können. Lediglich die Erweiterung und Freigabe des entsprechenden FHIR-Profils war zu diesem Zweck notwendig.

Ausblick

Die Kombination von HL7 FHIR und CTS2 bildet eine hervorragende Grundlage für den Umgang mit potentiell dynamischen Inhaltsstrukturen wie z. B. Formularen oder Fragebögen innerhalb von IT-Systemen. Die am Beispiel des Meldungsportals demonstrierte Funktionalität der profilbasierten Inhaltsanpassung lässt sich grundsätzlich auch direkt innerhalb der Primärsysteme der Leistungserbringer umsetzen. Hierfür müssen lediglich die entsprechenden Infrastrukturvoraus­setzungen, wie z. B. das Vorhandensein eines öffentlichen Terminologieservers, geschaffen werden.